Ismail Kadare |
Der Palast der Träume ist unter Ismail Kadares Romanen vielleicht der sperrigste, aber auch ein Schlüsselwerk. Ob das auf das Buch so gerne verwandte Epitheton "kafkaesk" tatsächlich passend ist, sei einmal dahingestellt. Für die albanischen Leser jedenfalls waren die Anspielungen auf die Diadochenkämpfe in der obersten Parteiführung um die Nachfolge des alternden Diktators Enver Hoxha in dem 1980 vollendeten Buch offensichtlich. Wie auch in "Der Schandkasten" weicht Kadare, um die offenen Konfrontation mit der Zensur zu vermeiden, in die Geschichte aus, doch schon geringfügige Verschiebungen im Koordinatensystem von Zeit und Raum genügen, um das (halbfiktive) Osmanische Reich des Romans als Prototyp eines totalitären Systems erkennbar zu machen. Der junge Mark-Alem tritt eine Stellung im Palast der Träume an, der zentralen Behörde, in der die Träume aller Untertanen erfaßt und ausgewertet werden, um daraus Rückschlüsse auf die Verfassung und den Gang der staatlichen Angelegenheiten abzuleiten. Nach blutigen Verwicklungen erkennt er, daß seine steile Karriere, die ihn innerhalb von kurzer Zeit an die Spitze des Palastes geführt hat, Bestandteil der Machtkämpfe unter den einflußreichen Cliquen am Hof des Sultans ist. |
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