Ismail Kadare |
Ismail Kadares Buch liest sich wie eine Legende, wie ein böses Märchen - auf den ersten Blick. Es ist dann jedoch, wenn es so etwas geben sollte, eine realistische Legende. Man kann Kadare nicht vorwerfen, er hielte sich eine finstere Wirklichkeit durch kunstvolle Vernebelung vom Leib; er gibt dem Geschehen eine verhängnishafte Gestalt, und das ist womöglich angemessener als jede nüchterne Rekonstruktion. "Wir hätten es eher für möglich gehalten, daß Himmel und Erde ihren Platz tauschten, als daß sich in Albanien etwas änderte", sagt der untote Nachfolger. Kadare hat für diesen Zustand ein Bild gefunden, das kaum zufällig aus einem Medium der Fiktionen stammt. Da spricht der Sekretär Hodschas von einem Aufsatz, der eine Analogie zwischen "der Denkstruktur von Tyrannen und der Architektur von Albträumen" festgestellt hat. Wie in einem rückwärts laufenden Film sieht man zunächst die Ruine, und wenn sich die Bilder in Bewegung setzen, ersteht das Haus wieder vor einem. Prinzip des rückwärtigen Zerfalls nennt sich das; es ist das Prinzip des Regimes. "Der Nachfolger" ist ein Roman, der einen wahlweise frösteln oder fiebern läßt, weil er dem Leser die paranoide Atmosphäre weniger erklärt, als daß er sie ihn erfahren läßt, um ihn ohne Auflösung zu entlassen. Es ist nur ein kleines, nicht einmal zweihundert Seiten dickes und zugleich ein großes Buch.« Peter Körte in der F.A.Z. |
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